Die 1963 gegründete Mineralbörse in St. Marie ist zwar nicht die weltgrößte, aber für viele von uns die weltschönste Messe. Wer das Flair dieses schnuckeligen Orts schon erlebt hat, der versucht mit noch mehr Zeit und Geld nächstes Jahr wieder dabei zu sein. Wir haben mit Bea Diederich, Ausstellerin, Großhändlerin, Steinheilkundlerin und langjährigem Mitglied des Steinheilkundevereins über die Messe und über die neusten Trends gesprochen.
Bea, wie bist Du zur Steinheilkunde gekommen?
Wir haben einen familiengeführtes Mineraliengroßhandel. Vor Jahrzehnten kamen einige Händlerinnen zu uns, sie haben die Steine, einen nach dem anderen, in die Hände genommen und sie haben den Stein gefühlt. Wir haben für uns gedacht, sauber waren die Steine doch, warum müssen sie die alle in die Hände nehmen? Dann berichteten sie, ob ein Stein sich gut anfühlte oder welcher Stein wie kribbelte, welcher Stein was für eine Energie hatte.
Dann hörten wir, dass einer richtig viel Kraft hatte, nur ausgerechnet dieser kleine Stein wog kaum 15 Gramm – was für eine Kraft soll bitte aus einem 15 Gramm-Steinchen kommen?
Ganz ehrlich, am Anfang habe ich das auch belächelt. Dann kam ein kleines schwarzes Buch vom Neue Erde Verlag auf den Markt und ich habe den Autor von diesem Werk sogar kennengelernt. Tatsächlich war dieses das aller aller erste Heilstein-Buch, in dem die Steinewirkungen nachvollziehbar begründet und fundiert beschrieben waren. Dieses Buch war ein Meilenstein und ab da war die Steinheilkunde nicht mehr wegzudenken, nicht nur Kunden aus Österreich, Schweiz kannten dieses Buch, sogar auf den Mineralienbörsen in Tucson (USA) ist uns das Buch wieder begegnet.
Was besonders an diesem „kleinen schwarzen Buch“?
Es gab tatsächlich schon in den achtziger Jahren steinheilkundliche Bücher, aber in „Die Steinheilkunde – ein Handbuch“ von Michael Gienger hat man schnell feststellen können, dass er Hintergrundwissen hatte. Die Steine sind systematisch beschrieben und werden aus verschiedenen Ebenen betrachtet. Durch dieses Buch haben wir lernen können, dass wir uns überlegen können, ob wir z.B. den Magnesit bei einem Spannungskopfschmerz hinten am Kopf hinlegen oder eher in die Hände nehmen und wann ist es ratsam den Magnesit als Wasserstein zu verwenden. Man muss sagen, dass Michaels Vorträge immer sehr beeindruckend waren, er konnte ganz frei sprechen, brauchte kein Skript, um die Steinheilkunde auf eine verständliche Weise jedem erklären zu können.
Dieses Buch und sein Buchautor hat mich dann dazu bewegt in die Steinheilkunde tiefer einzusteigen und eine Ausbildung in der analytischen Steinheilkunde zu machen. Von dieser Ausbildung profitiere ich jeden Tag und motiviere meine Kunden, sich steinheilkundliches Denken anzueignen. Größter Fehler ist es, wenn man denkt, dass man zwei Steine-Bücher besitzt und dann gleich Steine empfehlen kann. Das kann man für sich zuhause oder in der Familie so ausprobieren.
Bleiben wir bei dem Beispiel Kopfschmerzen! Wir haben gelernt, dass wir erst Fragen stellen, seit wann sind die Kopfschmerzen da, wo tut es weh und wie… und noch mehr. Ob es ein Amethyst wird oder ein Magnesit oder ein Halit oder ein Rubin oder Strontianit oder Malachit… das hängt doch von so vielen Faktoren und der gesamten Situation ab!
2011 habe ich mit Michael Gienger und Walter von Holst den damals aktuellen Messekatalog der Tucson-Messe angeschaut. Wir wissen, dass die amerikanische Steinheilkunde sich von der deutschen sehr unterscheidet. Michael sagte damals voraus, dass bestimmte Trends bald zu uns rüber schwappen würde: Mit eindrucksvollen Handelsnamen unverkäufliche Steine umzubenennen, Wundersteine zu hypen, er befürchtete damals eine neue Flutung des Marktes mit Fakestones.
Tatsächlich ist alles gekommen.
Aber gibt es aus Deiner Sicht etwas Außergewöhnliches, Neues zu beobachten?
Als Steinheilkundlerin muss ich sagen, dass ich in meiner Ausbildung damals gelernt habe, nicht so schnell einen Stein zu empfehlen, sondern immer erst genauer nachzufragen, worin eigentlich der Bedarf besteht, wie die Umstände der Beschwerden sind. Das ist etwas, was es leider heutzutage nicht mehr so oft gibt. Steinheilkunde kann tatsächlich helfen, wenn man hinterfragt und nicht schnell „Dr. Google“ konsultiert und alles gegoogelte naiv glaubt. Man sollte sich Zeit nehmen, sich mit den Steinen auseinandersetzen und versuchen, die Grundlagen zu verstehen.
Steine übermitteln eine gewisse Energie, und die muss zum Anwender passen! Aber der Stein speichert auch, wie er behandelt worden ist. Z.B. ein Trommelstein geht durch einige Hände, bis er seinen endgültigen Besitzer findet.
Die andere Seite ist natürlich, dass die Qualität der Rohware sehr wichtig ist, und eine gute Politur und die passende Aufbereitung und Verarbeitung entscheidend dazu beiträgt, dass der Stein als treuer Begleiter angenommen wird. Wir sind ein kleiner Familienbetrieb, da kann man besser auf die Qualität achten. Wir machen fast alles selbst, und haben dadurch eine gute Kontrolle. Wir müssen mittlerweile aber schauen, dass wir aktuell bleiben, wir müssen uns darüber informieren, welche Steine zurzeit gefragt werden. Wenn wir 100 kg Steine trommeln, brauchen wir 4-6 Wochen, bis wir damit fertig sind. Wir müssen schauen, was haben wir im Lager und welche Steine werden gesucht und was trommeln wir gerade. Das gab es damals nicht.
Der Trend beim Tragen hat sich auch verändert, in den Neunzigern hat man Trommelsteine mit sich geführt oder größere durchgebohrte Steine waren auch mal modisch. Generell merken wir, dass Menschen nicht mehr so gerne Trommelsteine in der Hosentasche tragen möchten, weil man oft vergisst, dass der Stein in der Hosentasche oder im BH platziert ist und irgendwann klackert er auf den Boden. Zurzeit werden kleinere schöne Steine eher gestiftet oder durchgebohrt oder sogar eingefasst getragen.
Es hat sich einiges in der letzten Zeit geändert, bestimmte Steine werden in den sozialen Medien in den Himmel gelobt, wir dürfen nicht vergessen, dass wir hier nicht mehr in einzelnen Regionen oder Ländern denken, sondern global! Der riesige Hype bringt aber auch oft einen riesigen Preisanstieg mit sich und auch wir Großhändler müssen darauf reagieren. Zur Zeit wird oft nach Opal gefragt, Türkis ist immer noch sehr aktuell. Was morgen hipp wird, beeinflusst der, der mehr Follower auf Instagram und TikTok hat, das Marketing zu verstehen und die Technik zu bedienen zu können ist wichtiger geworden, als das tatsächliche Fachwissen und Verständnis.
Während des Gespräches habe ich selbst den neusten Trend kennengelernt. Eine junge Frau hat einige Steine in ihren Korb gesammelt, anstatt zu zahlen nahm sie ihr Handy und hat erst Mal einen Liveverkauf per Instagram gestartet. Danach bekam sie ihre Bestellungen, das Geld wurde schnell überwiesen, ihr Handy piepste ununterbrochen und nach einer Stunde kaufte sie tatsächlich nur das, was sie schon verkauft hat. Ein paar zusammenfabulierte Heilaussagen als Werbebotschaft unterstützten den Verkauf.
Alle waren glücklich, die Verkäuferin, die Kunden, nur ich stand da verwundert und dachte:
Liebe Insta-Gurus, es gibt tatsächlich einen Steinheilkunde Verein, es gibt gute deutschsprachige steinheilkundliche Bücher, es gibt einige Steinheilkunde Profis bei uns im Verein, informiert euch und macht das weiter, was wir vor 30 Jahren angefangen haben! Lernt die Steine persönlich kennen, dann werden aus Verkaufsobjekten wertvolle Wegbegleiter!
Das Interview führte Andrea von Holst,
Geschäftsstelle des Steinheilkunde Vereins 2019-2024, Buchautorin, Dozentin für Steinheilkunde, www.steinkreis.de,
mit Bea Diederich,
Steinheilkundlerin, Steinheilkunde Vereinsmitglied und Großhändlerin , www.diederich-edelsteine.de